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Die Studebaker-Historie
Eine kurze Übersicht über die Geschichte
der Marke Studebaker
Vom Hufschmied zum
Autobauer
Die Studebaker-Story beginnt zur Zeit des Wilden Westens: 1852 öffneten Henry
und Clement Studebaker einen Hufschmied-Betrieb und stellten zunächst Kutschen
her. Bruder John, der in Kalifornien ein kleines Vermögen durch den Verkauf von
Wagen an Goldgräber gemacht hatte, schloss sich dem Unternehmen an. Schnell
wurde Studebaker zu einem der größten Produzenten von Pferdekutschen. 1904
stieg Studebaker ins Autogeschäft ein und gehörte bis zum großen Börsen-Crash
1929 zu den größten Automobilproduzenten der USA. Auch Studebaker bekam arge
Probleme - doch schon in den 30er Jahren ging es mit dem Modell "Champion" wieder
rapide aufwärts.
Krieg und Frieden
Im Zweiten Weltkrieg produzierte das Unternehmen wie alle für die Front -
Trucks, Flugzeugmotoren und ein kleines Gelände-Kettenfahrzeug namens "Weasel".
Schon vor Ende des Krieges aber bereiteten sich die Studebaker-Leute darauf vor,
neue Zivilfahrzeuge zu bauen. Und während viele andere Firmen ihren Kunden nach
dem Krieg erstmal nur Neuauflagen ihrer Vorkriegsmodelle anbieten konnten, hatte
Studebaker 1947 einen neu designten Champion parat. Das neue Auto schlug ein wie
eine Bombe und katapultierte das Unternehmen in die schwarzen Zahlen. Die
stromlinienförmige Karosserie mit dem runden Heck sollte zu Studebakers
Markenzeichen werden und inspirierte die Leute zu dem Spruch: "You can't tell if
it's coming or going" ("Man weiß nie ob er wegfährt oder auf dich zukommt'). Das
Unternehmen wuchs stetig - Studebaker schluckte die Empire Steel Corporation in
Mansfield und baute 1948 eine neue Fabrik in Hamilton, Ontario.
Die "Bullet-Nose"-Ära
1950 sollte zu einem der legendärsten Studebaker-Jahre werden: Das "Bullet-Nose"-Design
erblickte das Licht der verblüfften Autowelt. Die neue Flugzeug-Nase gefiel
nicht jedem - aber offenbar genug Leuten: Über 268.000 Studebakers rollten 1950
vom Band, soviel wie nie zuvor - und nie mehr danach - in der
Unternehmensgeschichte. 1951, kurz vor dem 100. Geburtstag des Unternehmens,
brachte Studebaker seinen neuen V8-Motor mit hängenden Ventilen und einem
Hubraum von 3,8 Litern. Zunächst im 51er Commander angeboten, ließ der neue
Motor mit 120 PS die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen. Der kleinere Champion
musste sich zunächst mit einem 169 ci-Motor und 85 PS zufriedengeben. Beide
Modelle wurden als zwei- und viertürige Limousinen angeboten, außerdem als
"Business Coupe", "Starlight Coupe" und Convertible.
Zeit der
großen Entwürfe
Furore machten 1953 die neu gestylten Commanders und Champions: Noch 1972
wählten Leser der "Chicago Daily News" das Design zum "schönsten amerikanischen
Auto aller Zeiten". Entworfen hatte den Wagen der Designer Raymond Loewy, der
auch in Zukunft für viele außergewöhnliche Entwürfe gut sein sollte. Aber auch
Design-Legende Vergil Exner soll an dem Entwurf beteiligt gewesen sein - Exner
flog jedoch bei Studebaker raus, als er sich mit Loewy überworfen hatte (große
Designer haben eben auch ein großes Ego). Den ersten Studebaker-Kombi gab es
1954. Gegen Ende dieses Jahres fusionierte Studebaker außerdem mit dem ebenfalls
traditionsreichen Unternehmen Packard. Ein Packard-Motor befeuerte auch
Studebakers Top-Modell der 50er Jahre: Den "Hawk".
Edel und schnell: Der
"Golden Hawk"
Der 57er "Golden Hawk" mit der langen Haube und den weiß abgesetzten Heckflossen
konnte auf Wunsch mit einem McColloch-Kompressor geliefert werden, der die
Motorleistung auf 267 PS trieb. Trotz der vielen Innovationen sanken die
Studebaker-Verkäufe in den 50er Jahren langsam ab, und der Studebaker-Stern
begann zunächst unbemerkt zu sinken. Qualitätsprobleme und ein dünner werdendes
Händlernetzließen das Vertrauen der Kunden in die Marke Studebaker schwinden. Ab
1958 wurden die Modelle äußerlich etwas mehr der Konkurrenz angeglichen: Die
Modelle Commander, President und Champion bekamen einen neue Front mit
Doppelscheinwerfern, die Studebaker-Kühlerfigur wurde durch einen gewöhnlichen
Schriftzug auf der Haube ersetzt. 1958 wurde das seit 56 gebaute Top-Modell
Golden Hawk eingestellt.
Kompakt und praktisch: Der neue
Lark
Ein Jahr später brachte das Unternehmen einen erfolgreichen Kleinwagen auf den
Markt: Den neuen Studebaker Lark. Der Wagen hatte ein simples, glattes und recht
nüchternes Styling. Die Motorenpalette begann beim 169ci mit 6 Zylindern, aber
auch V8-Motoren waren für den Lark erhältlich und bescherten dem Kompaktwagen
recht beachtliche Geschwindigkeiten. Der Preis für das Basismodell lag unter
2000 Dollar, und der Lark verkaufte sich 1959 über 130.000 Mal. Eine längere
Durststrecke des Unternehmens schien damit erstmal überwunden.
Solide Technik, aber
wenig Emotionen
1960 wurde das Styling des Lark leicht verändert, ein Maschengitter ersetzte die
horizontalen Streben des Kühlergrills. Technisch gesehen ließen die kompakten
Larks keinen Grund zur Klage: Vor allem mit dem 4,2-Liter-V8-Motor war der Lark
flott unterwegs, Verarbeitung und Fahreigenschaften waren gut. Dabei war der
Motor sparsam: Schon 1959 hatte ein Lark mit Automatikgetriebe und V8 den
"Mobilgas Economy Run" gewonnen.
Zweiter Versuch für den
Hawk
Dennoch sanken Anfang der 60er Jahre die Verkaufszahlen in den Keller. Zum einen
konnte Studebaker nicht mit dem gewaltigen Werbeetat und dem riesigen
Händlernetz der "Großen Drei" mithalten. Zum anderen war das Design der Autos
einfach zu altbacken, um genug Käufer begeistern zu können. Daran änderte auch
das neue Hawk-Modell nichts, das 1960 auf den Markt kam.
Design-Legenden der 60ies: Hawk
und Avanti
Die 62er bis 64er Hawks hätten das Ruder vielleicht noch rumreissen können - wenn
Studebaker da nicht schon zu den Totgesagten gehört und tatsächlich in den
letzten Zügen gelegen hätte. Der 62er Hawk GT (Gran Turismo), mit einem
Minimalbudget von Brooks Stevens entworfen, präsentierte sich moderner gestylt.
Die klassischen Heckflossen waren verschwunden, der Grill wirkte "cleaner". Der
letzte Hawk, das 64er Modell, war ein ausgereiftes Auto und ein schnelles,
komfortables Reisefahrzeug, das auch in der Presse viel Lob und Beachtung fand.
Da war es freilich schon zu spät - Ende 1963 hatte Studebaker sein Werk in South
Bend, Indiana dichtgemacht, die spärliche Produktion wurde nach Kanada verlagert. Kurz
vor Toreschluss gelang dem Traditionsunternehmen allerdings nochmal ein großer
Wurf - zumindest was das Styling betrifft.
Futuristisch, aber
erfolglos
Der Avanti, 1963 eingeführt, war wirklich eine Design-Revolution, taugte
freilich nicht zum attraktiven Massenauto, das Studebaker dringend gebraucht
hätte. Entworfen von Raymond Loewy, wurde der Avanti (italienisch für
"Vorwärts") ein futuristisch anmutendes Gefährt mit scharfkantigen
vorderen Kotflügeln, einem Cockpit im Flugzeug-Stil und einer Glasfiber-Karosserie.
Letztere sorgte durch Fertigungsprobleme allerdings dafür, dass der Avanti nicht
rechtzeitig ausgeliefert werden konnte. So zogen viele zunächst begeisterte
Kunden ihre Bestellungen wieder zurück und entschieden sich für Corvette und Co.
Der Avanti lebt weiter
- Studebaker geht ins Exil
So wurden 1963 nur 3800 Avantis gebaut, 1964 nur 800. Das 64er Modell wurde
äußerlich kaum verändert, hatte aber an der Front quadratische statt runder
Scheinwerfereinfassungen. Der Avanti mit seinem 4,7 bzw. 4,9-Liter-V8 war
schnell - bis zu 193 km/h - und ziemlich luxuriös ausgestattet. Und in der Tat
überlebte der Wagen den Tod der Marke Studebaker - die neu gegründete Avanti
Motor Corporation baute den Wagen in kleinen Stückzahlen weiter - und da es
keine Studebaker-Motoren mehr gab, setzte man ab 1969 sogar einen 5,7-Liter-V8
von Chevrolets Corvette unter die Haube. Bis in die 90er Jahre hinein wurde der
Avanti produziert, mit wenigen Veränderungen. Bis 1966 wurden noch Studebakers
im kanadischen "Exil" gebaut, die sich jedoch nicht besonders gut verkauften.
Dem Ende entgegen
Die neuen Autos waren moderner gestylt, mit einem trapezförmigen Kühlergrill und
Doppelscheinwerfern. Der Name "Lark" wurde fallengelassen, da die Kunden damit
nicht viel Positives verbanden. Die Motoren, einen 194ci-Sechszylinder und einen
283ci-V8, beschaffte man sich ab 1965 ironischerweise bei Chevrolet. Der letzte
aller Studebakers wurde 1966 knapp 9000 mal gebaut - dann war endgültig Schluss:
Nach 114 Jahren war die traditionsreiche Marke am Ende und reihte sich in die
Riege der kleinen Hersteller ein, die die Übermacht der "Big Three" nicht
überlebt hatten..
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